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Vermittlung eines Innovations-Mindsets in einem Recruiting-Team von 1.000 Personen
Die Deutsche Bahn mit Hauptsitz in Berlin ist bekanntermaßen Deutschlands nationale Bahngesellschaft. Doch leistet das Unternehmen viel mehr, als Millionen von Menschen tagtäglich in Zügen von A nach B zu befördern (was schon eine Glanzleistung an sich ist!).
Mit einem Personalbestand von mehr als 300.000 Personen in 49 Ländern ist die Deutsche Bahn auch ein Logistikdienstleister, der Waren in Zügen, Bussen, Flugzeugen und Schiffen um die Welt transportiert. Ergänzt wird das Tätigkeitsspektrum des Unternehmens von der Mobilitätsinfrastruktur, da die Deutsche Bahn auch Bahnstrecken und Bahnhöfe baut.
In einem kürzlich geführten Gespräch zwischen Kerstin Wagner, Executive Vice President of Talent Acquisition der Deutschen Bahn, und unserem CEO, Dimitri Boylan, berichtete Wagner über die vielfältigen Recruiting-Prozesse des Unternehmens, die Herausforderung, eine attraktive Arbeitgebermarke über zahlreiche Talentsegmente hinweg zu vermitteln und darüber, wie es gelingt, einem Team von über 1.000 Personen eine innovative Denkweise zu vermitteln. Lesen Sie weiter und erfahren Sie, welche wichtigen Erkenntnisse aus diesem inspirierenden Austausch hervorgehen.
Ein Innovations-Mindset fördern
„Wir möchten Trendsetter sein und nicht bloß Trends mitmachen.“ Kerstin Wagner ist bekannt dafür, die Grenzen zu verschieben und bei neuen Technologien am Puls der Zeit zu bleiben. Eines der wichtigsten Themen dieses Gesprächs war die innovative Denkweise ihres Teams und wie es ihr gelingt, diese in einem Team von mehr als Tausend Personen zu vermitteln. Ihre Taktik stützt sich dabei auf ihre beruflichen Erfahrungen aus den Anfängen ihrer Karriere.
Nach ihrer Spezialisierung auf die Bereiche Wirtschaft und Finanzen verbrachte Wagner anderthalb Jahre in Boston, wo ihr damaliger Arbeitgeber gerade erst drei Start-up-Unternehmen erworben hatte, die zu einem fusioniert werden sollten. Kerstin Wagner wurde schnell klar, dass Wachstum und Recruiting in der Start-up-Welt Hand in Hand gehen: Man benötigt herausragende Leistungen und die können nur durch hochmotivierte Mitarbeiter erzielt werden.
Start-ups sind von Natur aus agil, erst recht bei der Talentgewinnung. Da sie in der Regel auf dem Markt noch keinen fest etablierten Namen haben, suchen sie stets nach neuen Möglichkeiten, um als potenzieller Arbeitgeber attraktiver zu werden. Diese ständige Notwendigkeit, sich zu verbessern und neu zu erfinden, bestimmt Wagners Ansatz bei der Leitung eines Talentgewinnungsteams von 1.000 Personen bei der Deutschen Bahn.
Zunächst geht es immer um Führungsstärke und darum, ein Rollenmodell zu sein. Man kann den Leuten nicht einfach vorschreiben, innovativ zu sein, sondern muss auch als Rollenmodell agieren. Selbst neugierig sein.“
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn
Mit Teams, die verschiedene Bereiche von der Strategie, dem operativen Geschäft und Arbeitgeber-Branding über das Sourcing bis hin zur Datenanalytik und grenzüberschreitenden Einstellungen abdecken, hat Kerstin Wagner verschiedene Maßnahmen eingeführt, um auch bei einer so großen Bandbreite an Rollen und Profilen Innovationen zu fördern. Dazu zählt unter anderem, dass bei der Optimierung eines bestimmten Prozesses oder bei der Festlegung der Jahresziele die Ideen und Meinungen jedes Einzelnen willkommen sind. Es wäre doch eine Verschwendung Tausender kluger Köpfe, so betont sie, wenn nicht alle in den Entscheidungsprozess mit einbezogen würden.
Jedes Mal, wenn wir etwas lösen möchten, fragen wir sehr viele Personen. Aktuell legen wir unsere Roadmap für das kommende Jahr fest. Das ist kein Gespräch, das zuerst in meinem Führungsteam stattfindet. Zunächst sende ich eine E-Mail an Tausende Personen und bitte sie, mir ihre Meinung mitzuteilen. Ich frage sie, was ihrer Ansicht nach auf der Roadmap stehen sollte.“
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn
Darüber hinaus fördert Wagner Innovationen in ihrem Team, indem sie zu kreativem Denken anregt.
Die normale Reaktion ist so: ‚Ich habe eine Idee, die aber aus datenschutzrechtlichen Gründen oder wegen Budgetknappheit nicht umsetzbar ist.‘ Wir haben alle diese Gründe, warum Ideen nicht realistisch sind. Ich bitte meine Mitarbeiter aber, mir all ihre verrückten Ideen mitzuteilen und anschließend sprechen wir darüber, ob wir sie verwirklichen oder auf andere Weise umsetzen können.“
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn
Die Rolle des Lernens
Eine weitere wirkungsvolle Möglichkeit, wie Kerstin Wagner das Innovations-Mindset in ihrem Team vermittelt, besteht darin, dass sie das Lernen fördert. Hierzu werden zwei Stunden pro Woche einer Lernakademie gewidmet, wo die Teammitglieder neue Skills erwerben und mehr über Trends und Technologie erfahren können. Dieser Bereich wurde eigens geschaffen, um das Recruiting-Team der Deutschen Bahn mit den Ressourcen und Erkenntnissen auszurüsten, um auf einem dynamischen Arbeitsmarkt Schritt zu halten und erfolgreich zu bestehen.
Während der Pandemie habe ich gelernt, dass wir uns bei der Talentgewinnung ständig verändern. Man muss den Leuten also Lernmöglichkeiten geben, da Veränderungen üblicherweise eine Hürde sind. Wenn man wegen seiner neuen Stelle verunsichert ist und nicht weiß, wie man sie am besten ausführt, weil sich die Tätigkeit verändert, braucht man neue Skills. Deshalb haben wir unsere eigene Talentgewinnungs-Akademie gegründet.“
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn
Lernumgebungen erleben gerade einen bedeutenden Wandel, was in erster Linie durch die sozialen Netzwerke und die Art und Weise beeinflusst wird, wie wir heute Inhalte konsumieren. In diesem Sinne unterstrich Boylan, wie wichtig es sei, Lernerfahrungen anzubieten, die so dynamisch und individuell wie möglich sind und je nach Bedarf abgerufen werden können.
Wir beobachten, dass sich Lernumgebungen weiterentwickeln müssen, um dem gerecht zu werden, was wir über Flexibilität und Veränderungen besprochen haben. Das Lernen muss sehr dynamisch, abrufbereit und auf jede individuelle Erfahrung zugeschnitten sein, da die Karrierewege der Mitarbeiter heute facettenreicher sind. Also sind die Erfahrungen auch individueller.“
Dimitri Boylan
Founder and CEO, Avature
In Übereinstimmung mit den Ausführungen von Dimitri Boylan erläuterte Kerstin Wagner, wie die Deutsche Bahn eine flexible, abrufbereite Lernerfahrung ermöglicht, indem die Teammitglieder entweder durch aufgezeichnete Videos oder Live-Sitzungen virtuell lernen.
Wagners Innovationsansatz bei der Talentgewinnung und ihr Führungsansatz bei der Deutschen Bahn sind wahrhaft inspirierend und werden durch folgendes Zitat perfekt veranschaulicht: „Man kann nicht sagen: ‚Du musst jetzt sofort innovativ sein.‘ Diese Fähigkeit muss man erst trainieren.“ Mit 1.000 Mitarbeitern gleicht Wagners Recruiting-Team eher einem mittelgroßen Unternehmen als einem Start-up. Doch zieht sich die agile, kontinuierliche Verbesserungsmentalität wie ein roter Faden durch die verschiedenen Teams und Mitarbeitenden in ihrem Verantwortungsbereich.
Talenteinbindung maximieren
Bei der Deutschen Bahn gibt es Hunderte an verschiedenen Stellen, von Technikern und Konstrukteuren über Köche und IT-Experten bis hin zu Fahrern und Biber-Beratern (ja, Sie haben richtig gelesen). Gleichzeitig werden Menschen mit unterschiedlichem Erfahrungsniveau eingestellt, von Studierenden über Absolventen bis hin zu erfahrenen Fachkräften. Als Wagner also gefragt wurde, wie sich die Deutsche Bahn bei all diesen Zielgruppen als attraktiver Arbeitgeber positioniert, konzentrierte sich ihre Antwort sofort auf die Arbeitgebermarke und das Wertversprechen des Unternehmens.
Eines der stärksten Alleinstellungsmerkmale besteht darin, dass die Mobilität auf der Schiene einen positiven Beitrag für die Umwelt leistet. Viele der Kandidaten von heute, vor allem aus den jüngeren Generationen, suchen nach sinnvollen, zielorientierten Stellen. Teil eines Unternehmens mit einem starken Bekenntnis zur Nachhaltigkeit und einem hohen Engagement für unseren Planeten zu sein, erfüllt diese Kriterien ganz hervorragend.
Doch genau wie sich Unternehmen verändern, verändern sich auch ihre Wertversprechen. Angesichts der auf Innovationen ausgerichteten Denkweise, mit der wir uns oben näher beschäftigt haben, erläuterte Wagner, dass die Deutsche Bahn ihr Wertversprechen regelmäßig überdenkt, um zu prüfen, ob die Unternehmenskommunikation mit der aktuellen Vision oder den Marktaspekten im Einklang steht.
Es ist immer gut, wiederholt zu prüfen, ob das eigene Wertversprechen weiterhin zutrifft. Für was stehe ich als Arbeitgeber? Welche meiner Merkmale sind für die Bevölkerung, für den Arbeitsmarkt wirklich attraktiv? Nachdem man dies zunächst geprüft hat, gilt es, eine 360-Grad-Arbeitgeber-Branding-Kampagne durchzuführen, nicht nur einen kleinen Film oder ein bisschen Arbeit auf der Karriereseite. Man muss das ganze Ding, das Gesamtkonzept umsetzen. So können wir dem Markt konsistente Botschaften vermitteln.“
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn
Neben der Vermittlung eines authentischen und attraktiven Wertversprechens als Arbeitgeber unterstrich Kerstin Wagner, wie wichtig ein maßgeschneiderter Recruiting-Ansatz sei, um die verschiedenen Talentsegmente einzubinden.
Die Deutsche Bahn stellt, so Wagner, jedes Jahr zwischen 25.000 und 28.000 Mitarbeiter ein, was der Einwohnerzahl einer Stadt entspricht! Wenn man es mit so vielen unterschiedlichen Profilen und Skill-Sets zu tun hat, ist es wenig wahrscheinlich, mit einem pauschalen Kommunikationsansatz erfolgreiche Ergebnisse zu erzielen.
Wir haben für jeden eine komplett andere Story, eine komplett andere Kampagne und eine komplett andere Storyline. Doch letzten Endes müssen sie alle verstehen, was es heißt, für das Unternehmen zu arbeiten, wenn sie sich für eine Stelle bei der Deutschen Bahn entscheiden.“
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn
Ein innovatives Kandidatenerlebnis mit Technologie ermöglichen
Boylan, der Kerstin Wagner seit fast zehn Jahren kennt, betonte, dass er sie immer als eine „serienmäßige Early Adopterin“ angesehen habe. Dies führte auch zu einer der neuesten Innovationen der Deutschen Bahn beim Kandidatenerlebnis: ein Chatbot auf der Karriereseite des Unternehmens.
Da Kandidaten als Kunden betrachtet werden, ergänzt diese Funktion somit, so Wagner, sämtliche Bemühungen des Unternehmens im Bereich Recruiting und Arbeitgeber-Branding, indem die häufigsten Fragen der Talente schnell beantwortet werden. Es mag sich trivial anhören, doch kann es auf dem überfüllten Markt von heute den Unterschied machen, ob ein Kandidat seinen Lebenslauf einreicht oder die Website verlässt, wenn Zweifel im Nu ausgeräumt werden.
Der zielgerichtete Ansatz der Deutschen Bahn bei der Technologie-Bereitstellung ist eine der wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Gespräch. Wie Wagner sagte: „Wir machen keine Technologie, nur um in irgendeinem Wettbewerb ausgezeichnet zu werden.“ Stattdessen entwickelt die Deutsche Bahn eine innovative, technologiegestützte Strategie, die die Konversion von Kandidaten vorantreibt und einen starken Wettbewerbsvorteil schafft.
Eine Talentgewinnung, die Trends prägt
Das Gespräch verlagerte sich rasch auf das Thema künstliche Intelligenz. Kerstin Wagner erläuterte, dass sich das Unternehmen bewusst sei, dass KI in Zukunft eine transformative Wirkung auf das Recruiting haben werde und dass man sich besonders auf die Anwendungsfälle im Datenbereich freue, um Analysen und Prognosen zu unterstützen.
Wenn wir eines von Kerstin Wagner während des Interviews erfahren haben, dann, dass sie eine leidenschaftliche Verfechterin von Innovationen ist. Neben KI beschäftigt sich Wagner auch mit dem Metaversum und Augmented Reality und damit, wie die Deutsche Bahn auf diesen Gebieten Vorreiter werden kann, wie sie uns mitteilte.
Auch wenn die technologischen Fortschritte, die wir im Recruiting erleben, einen Paradigmenwechsel begründen, wies Wagner auch auf die menschlichen Trends hin, die der Strategie ihres Teams zugrunde liegen. So fragen Kandidaten weiterhin verstärkt nach mehr Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten, Arbeitsort und die Art der Projekte, an denen sie als Angestellte mitarbeiten möchten.
Alle unsere Kandidaten möchten mehr Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten, Arbeitsort und die Projekte, an denen sie mitarbeiten, und wollen zum Beispiel neben ihren regulären Aufgaben auch an anderen Projekte mitwirken.“
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn
Dieses Gespräch hat einige der zahlreichen Wege aufgezeigt, wie es Kerstin Wagner und ihrem Team von Tausenden Mitarbeitern gelingt, in der Talentgewinnung weiterhin die Nase vorn zu haben, selbst auf einem der härtesten Arbeitsmärkte seit Jahren. Der Schlüssel für ihren Erfolg? Veränderungen auf kreative und flexible Weise und mit einem starken Innovations-Mindset begegnen.
Ich kenne die Talentgewinnungsbranche seit 20 Jahren und sie verändert sich ständig weiter. Es ist Teil unserer Professionalität, Dinge zu tun, Dinge zu ändern. Wir haben einen Trend gesetzt und plötzlich muss man das Ganze wiederholen, weil sich der Arbeitsmarkt verändert.
Kerstin Wagner
Vice-president of Talent Acquisition, Deutsche Bahn