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Lokalisierung einer globalen Recruiting-Strategie in großem Maßstab bei IKEA
Von den bescheidenen Anfängen als Versandhandel im ländlichen Schweden hat sich IKEA, das in 59 Ländern bezahlbaren Stil und Komfort in das eigene Zuhause bringt, zum weltweit größten Einrichtungshaus entwickelt und hält an dieser Position seit 2008 beharrlich fest. Mit einer über 80-jährigen Unternehmensgeschichte ist die ikonische Marke ein fester Begriff und bekannt für die starken Werte, die das Unternehmen auszeichnen. Dieselben Werte leiten IKEA und seine Mitarbeiter auch bei der Umsetzung der größten digitalen Transformation in der Geschichte des Unternehmens.
Während eines kürzlich stattgefundenen Gesprächs bei unserer jährlichen #AvatureUpfront EU-Konferenz berichtete Steve Page, Global VP of Product Management bei IKEA, über die zentralen Veränderungen der Recruiting-Strategien, die Einführung von Technologien und die kulturellen Veränderungen, die bei dem weltweiten Einzelhandelsriesen vor sich gehen. Dabei ging es in dem angeregten Austausch mit Dimitri Boylan, Gründer und CEO von Avature, um Pages Werdegang vom Headhunter bis zur Wegbereiter der digitalen Transformation bei IKEA und alles, was er auf dem Weg dahin gelernt hat.
Der Effekt gebündelter Erfahrungen
Pages Berufslaufbahn, von seinen Tagen als Recruiter bis hin zu seiner Schlüsselrolle mit Schwerpunkt auf Produktmanagement und Technologie bei IKEA, unterstreicht, welche wichtige Verbindung darin besteht, die Feinheiten der HR zu verstehen und digitale Strategien zur Effienzsteigerung einzuführen. Sein Nachdruck auf den Einsatz von Technologie zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands und zur Verbesserung der Recruiter-Effizienz traf einen Nerv in einer Zeit, in der Einbindung und personalisierte Erlebnisse ausschlaggebend sind.
Ich lege großen Wert auf Effizienzen. Im Laufe meiner Karriere war es mir wichtig, Möglichkeiten zu finden, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, unter dem Mitarbeiter zu leiden haben – besonders Recruiter. Man ist schließlich effizienter, wenn man mit den Menschen spricht … Es war mir ein großes Anliegen, dies durch die Einführung von Technologie zu verbessern. Diese Rolle bei IKEA ist eine Kombination von zweierlei Dingen: einem Verständnis der HR und dann der Implementierung digitaler Strategien, um das Ganze umzusetzen und auf den Markt zu reagieren. So können wir Effizienz gewährleisten.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Dank seiner Erfahrungen auf der Geschäfts- als auch auf der Technologieseite hat Page eine einzigartige Weitsicht und ein besonderes Gespür dafür entwickelt, wie die Aufgaben für das Recruiting und Talentmanagement durch Technologie vereinfacht werden können. Dieser breite Erfahrungsschatz ist auch ein entscheidender Vorteil bei der aktuellen Position von Steve Page bei IKEA, wo er für die gesamte Personaltechnologie für die weltweite Belegschaft mitverantwortlich ist.
Über die Technologie hinaus: eine kulturelle Transformationsreise
Die mit Abstand größte Herausforderung für Page ist aktuell seine Rolle, die er in der ambitionierten, globalen digitalen Transformations-Agenda von IKEA einnimmt, die beim Gespräch mit Boylan in London Thema Nummer eins war. Page wies hier auf den bedeutenden kulturellen Wandel hin, der im Gange ist.
Es geht nicht nur darum, bestimmte Technologien einzuführen. Vielmehr haben wir es mit einer Veränderung der Arbeitsweisen und einem umfassenden Mentalitätswandel zu tun. In jedem Land, in dem wir die Technologien einführen, vollziehen wir einen kulturellen Wandel. Nicht nur die Technologien ändern sich, auch die Prozesse und die Auswirkungen dieser Prozesse.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Page gab ein gutes Beispiel für die Art von Wandel, den das Unternehmen intern vorantreiben möchte, mit dem Ziel, Kollegen mehr Autonomie zu gewähren und das Management von der Last weiterer administrativer Aufgaben zu befreien.
Angenommen, ein Mitarbeiter hat einen Arbeitsvertrag über 30 Stunden pro Woche, wobei er dienstags oder am Wochenende wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten kann. Wir implementieren also gerade eine neue Technologie, damit Mitarbeiter ihre Zeitpläne selbst beeinflussen können. Sie können Schichten tauschen, sie können Entscheidungen treffen, sie können mit ihren Kollegen sprechen und intern wechseln, anstatt das Management mit all diesen Entscheidungen zu belasten.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Während Technologie neue agile Arbeitsweisen vorantreibt, besteht eine der größten Herausforderungen für Page und sein Team darin, wie er betonte, die richtige Balance zwischen Technologie und einem menschlichen Ansatz zu finden. Um eine erfolgreiche digitale Transformation mit einem tiefgreifenden kulturellen Wandel zu bewerkstelligen, ist die Mitwirkung der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung, wie Page feststellte, was auch eng mit einem der wichtigsten Werte des Unternehmens im Einklang steht: dem Gemeinschaftsgefühl.
Wenn man sich nur auf Technologie stützt, spricht man plötzlich nicht mehr mit den Menschen. Wenn man nicht mit den Mitarbeitern spricht, vermittelt man ihnen keinen Sinn für die eigenen Werte oder die Tradition, die wir in einem Unternehmen wie IKEA haben. Deswegen versuchen wir im Moment, das Ganze ins Gleichgewicht zu bringen.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Das Recruiting revolutionieren
Nach Ansicht der Werbetreibenden hat man sechs bis acht Sekunden Zeit, um die Aufmerksamkeit einer Person zu bekommen. Diese dann zu behalten, ist ein völlig neues Spiel. Neben den Bemühungen zur Verbesserung des Mitarbeitererlebnisses sprach Page über die sich verändernde Recruiting-Landschaft und stellte die Notwendigkeit heraus, bei der Gewinnung digital affiner Kandidaten schnell zu handeln und diese einzubinden. Er unterstrich, wie wichtig es sei, schnell mit potenziell neuen Mitarbeitern zu interagieren und Technologien zu nutzen, die Anklang finden und in der heutigen Aufmerksamkeitsökonomie herausstechen.
Das Wesen der Zielgruppe ändert sich. Was uns hierbei unter anderem wirklich bewusst geworden ist, ist, dass wir nicht mehr auf den Markt gehen, um Kandidaten zu finden. Wir gehen auf den Markt, um digitale Benutzer zu finden. Menschen, die ein so viel größeres Verständnis davon haben, wie man digitale Plattformen nutzen kann, sodass wir sie auf verschiedene Weise erreichen können.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Oberste Priorität ist es dabei, IKEA als ein modernes, attraktives Unternehmen zu präsentieren und die Vorteile einer Beschäftigung im Unternehmen aufzuzeigen. Doch ist dies auf einem solch dynamischen Markt mitunter kein leichtes Unterfangen. „Wir versuchen, Schritt zu halten“, so Page.
Noch komplexer wird das Ganze dadurch, dass IKEA bestrebt ist, ein hochgradig lokalisiertes Erlebnis zu bieten, nicht nur im Geschäft für die Kunden, sondern auch für potenzielle neue Mitarbeiter und die eigenen Beschäftigten. Daher müssen die Recruiting- und Talentmanagementstrategien optimiert und an die lokale Kultur und die lokalen Praktiken angepasst werden.
Alles bei IKEA ist immer noch sehr lokal ausgerichtet, da wir einen Store-by-Store-Ansatz verfolgen. Selbst wenn man etwas auf Länder-, Kontinent- oder globaler Ebene macht, denken wir immer daran, was vor Ort im Geschäft passiert. Deshalb müssen wir mit dieser lokalisierten Mentalität rekrutieren, nur eben in größerem Maßstab. Das ist viel Arbeit. Doch einer der Werte von IKEA ist, dass wir auf einen lokalen Markt ausgerichtet sind.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Page reist häufig zu anderen IKEA Standorten. Als Hauptmotivation dafür, lange in der IKEA Familie zu bleiben, würden seine Kollegen, so Page, das ausgeprägte Interesse für die Mitarbeiter, den Aufbau und die Arbeit selbst angeben.
Wir sind sehr stolz auf das Unternehmen, das wir geschaffen haben. Doch müssen wir kontinuierlich daran arbeiten, um dies zu bewahren und die richtigen Personen an Bord zu holen.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Der Ansatz von IKEA zahlt sich offenbar aus. In den letzten zwölf Monaten erhielt der Einzelhändler 1,6 Millionen Bewerbungen und Jahr für Jahr werden rund 93.000 Mitarbeiter eingestellt. Viele davon gehen aus Mitarbeiterempfehlungen hervor, da die Belegschaft das Arbeitsumfeld, das das Unternehmen geschaffen hat, wirklich schätzt.
Das exponentielle Potenzial der Technologiekonsolidierung
In der Vergangenheit wurde Technologie von der jeweiligen IKEA Filiale ausgewählt, die diese eingesetzt hat. So wurden viele Recruiting- und Sprach-Tools unabhängig von den Ländern oder Geschäften selbst erworben. Angesichts eines solch umfangreichen Technologieportfolios nimmt Pages Team gerade die Herausforderung in Angriff, verschiedene Technologieportfolios zusammenzuführen, um den Geschäftsbetrieb effizienter zu gestalten.
Dabei geht es nicht nur darum, Dinge zu vereinfachen, sondern auch um die Notwendigkeit, so Page, diesen Konsolidierungsprozess aus sicherheitstechnischen und datenschutzrechtlichen Gründen vorzunehmen. Pages Vision für die Datennutzung unterstreicht auch, wie engagiert IKEA dabei ist, Erkenntnisse für eine bessere Entscheidungsfindung, eine bessere Einbindung und vorausschauende HR-Praktiken zu nutzen.
Wir sind dabei, Data Hubs auf die Beine zu stellen, mit denen wir insbesondere die Daten aus Technologien aus der ganzen Welt erschließen möchten. Anschließend können wir damit beginnen, die Informationen herauszuziehen, um Erkenntnisse zu entwickeln. Wir nehmen den Schutz der Daten, die wir über unsere Mitarbeiter haben, sehr ernst. Doch möchten wir sicherstellen, dass wir die Daten auf positive Weise im Unternehmen nutzen, um wichtige Recruiting-Entscheidungen zu unterstützen, Trends zu verstehen und Sachverhalte oder Probleme aufzudecken. Danach können wir anfangen, Prognosen zu machen.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Diese Prognosen sind laut Page so wichtig, weil sie der Unternehmensführung dabei helfen, die Mitarbeitereinbindung und -bindung direkt anzugehen. Auch wenn die Mitarbeiterentwicklung bei IKEA große Tradition hat, was Page durch inspirierende Anekdoten über das berufliche Wachstum im Unternehmen veranschaulichte, verschwieg er dabei auch nicht die wettbewerbsintensive Talentlandschaft im Einzelhandelssektor.
Unser CFO und unser aktuelle CEO haben sich von anderen Positionen bei IKEA hochgearbeitet. Es gibt zahlreiche Geschichten von Mitarbeitern, die am Anfang ihrer Karriere blaue Tüten an den Türen verteilt haben und jetzt Teams mit Hunderten von Mitarbeitern weltweit bei IKEA leiten, weil die Möglichkeiten da sind. Deshalb müssen wir Daten auf eine Art und Weise nutzen, mit der wir die Wachstums- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten aufdecken können, denn es wäre so eine Verschwendung, jemanden an ein Schuhgeschäft zu verlieren, weil wir nicht bemerkt haben, was er braucht.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Ein weiterer wichtiger Vorteil von mehr Unkompliziertheit und Synchronisation im Unternehmen ist die Möglichkeit, von den Best Practices spezifischer Regionen oder Märkte zu profitieren, die Kollegen aus anderen Bereichen zugute kommen können. Als Beispiel hierfür erwähnte Page Benefit-Portale und den Onboarding-Prozess, den sie mit Avature entwickeln. Auch wenn der Fokus auf Lokalisierung stets gewahrt wird, helfen verbindende Erlebnisse, die IKEA Familie zusammenzubringen.
Zukunftsorientierung
In einem so entscheidenden Moment der Transformationsreise von IKEA fragte Boylan Page nach seiner größten Herausforderung in den nächsten Jahren. „Die Identifizierung der wichtigsten Technologiepartner, mit denen wir diese neue Technologiegrundlage aufbauen werden. Wir müssen Technologien einführen, die eine neue digitale Generation ansprechen.“
Steve Page Global VP of Product Management, IKEA
Das Entwirren der Komplexitäten, die im Laufe der letzten 80 Jahre entstanden sind, wird IKEA dabei helfen, im heutigen neuen Paradigma effizienter und kosteneffektiver aufzutreten. Anschließend wird der Neuaufbau einer strategischen Technologie-Plattform es dem Unternehmen ermöglichen, effizientere und schnellere Entscheidungen zu treffen.
Auch wenn Veränderungen von grundlegender Bedeutung sind, um mit der Zeit zu gehen und sicherzustellen, dass IKEA seinen Wettbewerbsvorteil beibehält, ist es ebenso wichtig, der Marke treu zu bleiben und die Werte zu wahren, die IKEA als standhaftes Unternehmen gefestigt haben. Page wies während des Gesprächs zudem wiederholt darauf hin, wie wichtig es sei, das richtige Gleichgewicht zwischen Altem und Neuem zu finden.