Für Tennisstars besteht eine der größten Herausforderungen darin, ihr Spiel auf unterschiedliche Bedingungen abzustimmen. Das bedeutet, dass Spitzenspieler ständig neue Schläge in ihr Repertoire aufnehmen, damit sie sich in allen Umgebungen behaupten können. In ähnlicher Weise müssen sich moderne Recruiter die Fähigkeiten herauspicken, die normalerweise eher mit anderen Branchen in Verbindung gebracht werden, um auf dem schnelllebigen und sich ständig verändernden Talentmarkt erfolgreich zu sein. Dies hat zu einer neuen, vielseitigen Generation von Recruitern geführt, die nicht nur über fundierte Kenntnisse in Spezialgebieten verfügen, sondern auch über ein breites Spektrum an Kompetenzen in verschiedenen Disziplinen.
Die Stärke der Datenanalyse beim Recruiting
In früheren Zeiten hatten TA-Teams kaum mehr als ihr Bauchgefühl, auf das sie sich verlassen konnten, wenn sie Methoden beurteilten oder zukünftige Strategien planten. Dies ist nicht länger der Fall, da der moderne Recruiter heute über eine riesige Sammlung von Analyseinstrumenten verfügt, mit denen er die enormen Datenmengen in den Griff bekommen muss, die ihm zur Verfügung stehen.
Die Vorteile einer solchen messtechnisch orientierten Vision wurden kürzlich in einem Avature-Webinar mit dem TA Operations Manager von CBRE, Anchal Saxena, hervorgehoben. Er erläuterte, wie Stakeholder mit detaillierten Dashboards sofort Schlüsselinformationen ermitteln können, ohne dass regelmäßig Berichte erstellt werden müssen. So sind sie in der Lage, Anforderungen proaktiv und spontan zu planen.
Diese Art von forensischen Erkenntnissen half CBRE auch bei der Gestaltung ihrer Strategien zur Mitarbeiterbindung. Als das Unternehmen beispielsweise feststellte, dass die Hälfte der Besucher seiner Karriereseite Millennials waren, passte man das Portal so an, dass es dieser demografischen Gruppe besser gerecht wurde. In ähnlicher Weise konnte das Unternehmen den Erfolg einer Kampagne messen, die zur vermehrten Besetzung von Führungspositionen mit Frauen führen sollte: Hier nutzte es Analyseinstrumente, die im Vergleich zum Vorjahr einen 10-prozentigen Anstieg der Bewerberinnen zeigten.
Die Psychologie der Kandidatenpersonas
Ein Gespür dafür, wie die Menschen ticken, ist in den verschiedensten Branchen schon lange eine Grundvoraussetzung. Für den modernen Recruiter kann dies bedeuten, dass er die optimalen Eigenschaften für eine bestimmte Position erkennt oder in Interviews subtile verbale und nonverbale Hinweise wahrnimmt.
An der Spitze beim Einsatz psychologischer Methoden zur Optimierung der Talentgewinnung steht Infineon, einer der weltweit führenden Halbleiterhersteller. Ihre ehrgeizige Vision beinhaltet die Definition von Schlüsseltätigkeiten und dann die Beschreibung der für diese Tätigkeit wünschenswerten persönlichen und beruflichen Qualitäten. Um diese hypothetischen Profile weniger abstrakt zu gestalten, wurden ihnen die Namen Dave und Sarah gegeben. Die Mitarbeiter des Unternehmens konnten sich so leichter eine genauere Vorstellung von der jeweiligen Zielgruppe machen.
Solche sogenannten Personas können dem modernen Recruiter helfen, Positionen mit besser geeigneten Mitarbeitern zu besetzen und so die Fluktuation und die damit verbundenen Kosten zu reduzieren. Darüber hinaus erleichtert dieses Vorgehen die individuelle Kommunikation mit der Community, verbessert die Interaktion mit verschiedenen Marktsegmenten und hilft bei der Optimierung von Angeboten, damit sie für die besten Kandidaten attraktiver werden.
Die Ergebnisse dieses Kurswechsels waren hervorragend: Innerhalb von drei Jahren verfünffachten sich nicht nur die Einstellungszahlen, sondern auch die Kosten für externe Headhunter sanken um 78 Prozent. Das Tüpfelchen auf dem i dieser innovativen Vision war der Gewinn des HR Excellence Award 2017.
Die Kunst des Recruitment-Marketings
Auf der US Avature Conference 2019 präsentierte der Talent Engagement Strategist von Lockheed Martin, Marvin Smith, dem Publikum eine beeindruckende Statistik, die auf den Punkt brachte, wie schwierig es heutzutage für den modernen Recruiter sein kann: Bei der Suche nach Java-Entwicklern in Washington, D.C. stellte das Unternehmen fest, dass in der Region 6.000 Unternehmen um die Gunst von nur 2.500 qualifizierten Kandidaten wetteiferten.
Es erübrigt sich zu erwähnen, dass moderne Recruiter angesichts derart schlechter Chancen nach neuen Wegen suchen, um Talente anzuwerben. Dabei wenden sie oft Methoden an, die eher von Marketingexperten bevorzugt werden, wie die Interaktion in sozialen Medien oder der Aufbau einer begeisternden Arbeitgebermarke. Die Herausforderung, vor der viele stehen, besteht jedoch darin, bei der Arbeit mit Talentpools, die Tausende Mitglieder haben können, eine persönliche Beziehung aufzubauen.
Lockheed Martin bewältigt diese Herausforderung mit strategischen E-Mail-Kampagnen, bei denen zwei zentrale Techniken zum Einsatz kommen: Zunächst werden Interaktionen zu Zeitpunkten geplant, zu denen die Menschen am ehesten für eine neue Gelegenheit empfänglich sind. Dies könnten Arbeitsjubiläen oder Geburtstage sein, die leicht über LinkedIn oder vergleichbare Plattformen ermittelt werden können. Dann werden Inhalte erstellt, die zentrale, motivierende Emotionen wie Neugier oder Begeisterung in diesen besonderen Momenten auf tiefgehende Weise ansprechen.
Bei einer ihrer erfolgreichsten Methoden wurden Personen in Zeiten der beruflichen Stagnation mit Botschaften angesprochen, die das Gefühl erwecken, etwas zu versäumen, z. B. „Wird Ihre Leistung übersehen? Haben Sie schon mal an eine neue Karriere gedacht?“ Diese kleine Kampagne erwies sich als Initialzündung und führte dazu, dass die Conversion Rates den Branchendurchschnitt übertrafen und in nur zwei Wochen 13 Evaluierungsinterviews durchgeführt wurden.
Unser Fazit
Genau wie beim Tennis kann die im Laufe der Zeit vollzogene Weiterentwicklung darüber entscheiden, ob man einen Grand Slam gewinnt oder knallhart verliert. Daher ist es einerseits zwar aufregend, aber anderseits auch wenig überraschend, den Vormarsch des vielseitigen Recruiters zu beobachten: Er ist mit vielfältigen Kompetenzen ausgestattet und kann so in einer zunehmend wettbewerbsorientierten Talentlandschaft erfolgreich sein.